Karriere im Pricing?
4 Wege zur Entscheidungsfindung.
Dieser Beitrag richtet sich an alle unentschlossenen Young Professionals und Quereinsteiger die überlegen im Pricing ihren neuen Heimathafen zu finden. Desinformation und Informationstau machen allerdings oftmals eine Entscheidung nicht einfach. Wir wollen dies nun ändern.
Als wir nach unseren Studienabschlüssen die Joblandschaft für uns erkundet haben, war das Angebot an faktischen Pricing-Manager Positionen noch sehr spärlich. Viele Jobangebote hatten das Thema Pricing als Tätigkeitspunkt zwar aufgeführt, jedoch wenig explizit erklärt.
Wurden die meisten Preise damals noch von Verkaufspersonal, Marketingfachleuten oder Produktmanagern als Teil ihrer Gesamtverantwortung festgelegt, betrachten heute immer mehr Unternehmen die Preisgestaltung als eine eigenständige Aufgabe. Und dies aus gutem Grund: Eine starke Preisgestaltung, die die zahlreichen neuen Preisgestaltungstechnologien und -tools nutzt, die in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurden, kann das Ergebnis eines Unternehmens entscheidend steigern. Ebenso ist es auch die starke Einflussnahme des Pricings in vielen verschiedenen Unternehmensbereichen, die ein Umdenken unterstützte und klar machen ließ, dass das Pricing nicht mehr als Nebenprodukt behandelt werden kann. Um die gesetzten Pricingziele zu erreichen, bedarf es Zeit und Aufmerksamkeit und somit Vollzeit Ressourcen, um diese Aufgaben richtig und konsequent zu vollziehen.
Mit dem Verständnis für die Tragkraft und Fähigkeiten des Preises, als Vehicle schnellen und nachhaltigen Erfolges, transformierte sich auch die Joblandschaft. Die Anzahl der Jobangebote seitens der Unternehmen wird zumindest in der Anzahl mehr und im Titel differenzierter. Ob nun Junior Pricing Manager, Senior Pricing Manager, Analyst, Product Owner Pricing, Pricing Consultant oder Head of Pricing – klar ist, dass im Pricing durchaus Karrieremöglichkeiten bestehen. Dies zeigt sich auch, wenn man die Jobvorschläge einschlägiger nationaler und internationaler Job-portale oder professioneller Netzwerk-Kanäle betrachtet. Auch wenn es sich nicht explizit in Zahlen beziffern lässt, wird das Angebot subjektiv betrachtet größer.
Aus Gesprächen mit Unternehmen und aus eigenem Erfahrungshorizont können wir jedoch sagen, dass mehr nicht zwingend etwas mit der Qualität des Jobs zu tun hat. Oftmals ist der Titel zwar lockend aber die Beschreibung der Tätigkeit sehr allgemein und unspezifisch. Fortsetzung findet die Richtungslosigkeit auch in der Qualifikationsbeschreibung des Kandidaten/ der Kandidatin. Wage formulierte Anforderungen lassen oftmals nicht erkennen was genau gesucht wird. Auch der Hinweis auf die Notwendigkeit einschlägiger Erfahrungen im Pricing sind zwar schön, aber unbrauchbar, wenn unklar ist, wo denn die Reise im Pricing hingehen soll. Hinzu kommt wohlmöglich auch der wilde Mix aus Erfahrungsanforderungen und Tätigkeitsfeldern, die es insbesondere Quereinsteigern und New-Comern schwer greifbar machen und sogar abschreckend wirken.
Gleichzeitig ist die Anzahl derjenigen, die das Jobprofil besetzen könnten nicht im gleichen Zuge gewachsen. So ist es nicht unüblich, dass Headhunter konsultiert werden, die immer um dieselbe Traube von Professionals kreisen.
Ein Glück für den Arbeitnehmer, ein Fluch für die Unternehmen, die händeringend nach Unterstützung suchen.
Es fehlt an Know-How Trägern, um das Pricing im Unternehmen aufzusetzen oder in die nächste Entwicklungsstufe zu treiben.
Was also scheut viele junge Menschen die berufliche Laufbahn im Pricing zu starten, wenn doch Studien von Deloitte (Deloitte Development LLC, 2009)zeigen, dass der Wohlfühlfaktor perfekt, als auch die Gehaltsperspektiven im Pricing durchaus lukrativ sind.
Auch wir standen damals vor einer ähnlichen Wand an Unentschlossenheit und Informationslücken. Durch das Studium wussten wir zwar was Pricing im Kontext des Wachstumszugewinns bedeutet, jedoch sicherlich nicht, welches Spielfeld an Möglichkeiten uns dort erwarten würde. Auch heute gibt es kaum Auskunft zu diesen Themen an der Hochschule. Das Marketing wird währenddessen sehr klar in seinen Themenfeldern und Unterschieden in den Betriebsarten abgegrenzt und ausspezifiziert, sodass jeder zumindest eine Vorstellung bekommt, ob er/sie in diesen Bereich, gemäß seinen Stärken und Vorlieben, hineinpasst oder nicht.
Wohlmöglich ist es mit viel Glück und innerer Weitsicht verbunden gewesen, dass wir nicht von der Idee in diesem Bereich unsere Karrieren zu starten, gleich zu Beginn wieder abgekommen sind. Retrospektiv betrachtet, wäre Kenntnis über die Ansprüche und Möglichkeiten im Pricing der sicherere Weg gewesen.
Die Ansprüche an einen Jobanwärter im Bereich Pricing sind facettenreich und bieten viele Möglichkeiten sich einzubringen.
Je nach Sparte, Unternehmen und Zielgruppe gibt es heutzutage verschiedenste Ansprüche an den Pricing Experten.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Pricing ein sehr datengetriebenes Gebiet ist und eine Affinität für Zahlen und das Verständnis für ganzheitliche Zusammenhänge und komplexe Strukturen sicherlich nicht fehlen sollten.
Im Handelsumfeld wird meist zwischen Price Managern und Price Analysten unterschieden deren Aufgabengebiete je nach Unternehmen sehr divers aber auch nahezu identisch sein können. Aus unserer eigenen Erfahrung sind die Aufgaben des Price Managers aber meist strategisch orientiert und befassen sich mit der Ausarbeitung von Pricing Konzepten im gesamtunternehmerischen Kontext sowie der Entwicklung von Organisationsprozessen zur Erleichterung der Preissteuerung innerhalb strategischer Guardrails. Hervorzuheben sind hier neben den klassischen, analytischen und Data Crunching Skills, die oftmals vernachlässigten Fähigkeiten im Projektmanagement und Change-Management. So bedarf die Entwicklung verschiedener Strategien und Prozesse eine enge Abstimmung und eine präzise Ausarbeitung in Zusammenarbeit mit vielen Abteilungen vom Category Management über Marketing und Finance bis hin zu einzelnen Märkten, die nicht nur Preise auszeichnen müssen, sondern auch die erste Anlaufstelle der Kunden in Bezug auf Preis- und Kaufentscheidung sind. Neben einem extrovertierten Auftreten bedarf es hier somit auch Kommunikationsgeschick und durchaus auch einen erhöhten Grad an Motivation und Durchhaltevermögen.
Mindestens genauso wichtig, ist die Offenheit sich für neue Dinge zu interessieren und stets bereit zu sein, Erreichtes zu hinterfragen und zu optimieren, insbesondere in sehr dynamischen Märkten mit einem hohen Wettbewerbsgrad. Mit der allseits bekannten „das haben wir immer so gemacht“- Mentalität ist das Scheitern im Pricing vorhersehbar.
Insbesondere in Unternehmen für die Pricing ein neues Thema darstellt, fehlen neben der Infrastruktur (u.a. Daten und Tools) auch das allgemeingültige Verständnis. Ein gewisser Grad an technischem Verständnis und Einfühlungsvermögen sind besonders in der Aufbauphase von Vorteil.
Die Aufgaben eines Pricing Analysten beschränken sich nicht nur auf die Erstellung von Analysen und Kalkulationsmodellen sowie die Erfolgsmessung der verschiedenen Pricing-Maßnahmen, sondern umfasst auch die Interpretation und Formulierung kritischer Fragen als Basis für weitere Analysen und Entwicklung von Themenfeldern.
Die sachgerechte Anwendung von Mathematik und Statistik und Datenkompetenz ist hier sicherlich ein fundamentaler Bestandteil zur Erfüllung des Job-Profiles.
Darüber hinaus ist es, neben dem offenen aber durchaus kritischen Denkens auch die effektive Kommunikation, die Ihnen den Weg erleichtert, verständlich ihre Erkenntnisse sowohl einem technischen als auch einem fachlich fremden Publikum nahzubringen und in Handlungsempfehlungen umzuwandeln. Ebenso ist es aber auch der Geschäftssinn, der Ihnen bei der Überführung von Ergebnissen in Handlungen hilft und somit den Zugang zum kaufmännischen Publikum erleichtert. Insbesondere in komplexen Unternehmungen mit verflochtenen Geschäftseinheiten und komplexen aber oftmals unvollkommenen Datenkonstrukten ist ihre Wissbegierde als auch kreatives Denken gefragt, um neue Wege begehen zu können.
Auch wenn nur angeschnitten – an Facettenreichtum, an Fähigkeiten und Möglichkeiten im Pricing mangelt es nicht. Allerdings bleibt der Weg ins Pricing für viele weiterhin, aufgrund fehlender Informationen über tiefere und praxisbezogene Inhalte, unerschlossen.
Heutzutage lässt sich auch dieses Mysterium durch etwas Eigeninitiative auflösen. Im Laufe der Zeit sind viele verschiedene Informationskanäle erwachsen, um sich selbst ein Bild vom Berufsfeld des Preismanagers zu zeichnen. Um sich vorzubereiten, ermutigen wir insbesondere junge Menschen oder auch jene die eine Umorientierung anstreben, die Nutzung der folgenden Ressourcen, um einen schnelle Rundumblick aufzubauen.
Literatur -unverzichtbarer Referenzpunkt bei der Wissensgenerierung.
Literatur im Pricing erfüllt eine wichtige Funktion bei der Kanalisierung und Harmonisierung von Wissen. Sie liefert schnelle und zielgerichtete Überblicke über Themenfelder und Aufgabenspektren im Pricing. Des Weiteren gibt Sie auch ein Gefühl über die Impulskraft des Pricings und zeigt auch Unterschiede im Industriekontext. Der Unwissende bekommt somit schnell und sachlich das Aufgabenfeld präsentiert und einen ersten Geschmack über die Weitläufigkeit des Themas Pricings. Auch wenn es einen Unterschied gibt zwischen Literatur und Praxis, sollte der erste Abgleich mit den eigenen Erwartungen schon hier zeigen, ob man erste Interessensüberschneidungen findet oder die innere Ablehnung dominiert.
Einige lesenswerte Beispiele mit leicht differenzierter Ausrichtung sind u.a.:
- The Oxford Handbook of Pricing Management. (2012). Vereinigtes Königreich: OUP Oxford. | ISBN-13: 978-0198714811
- Doan, R. J., DOLAN, R. J. A., Simon, H., Dolan, R. J. (1996). Power Pricing. USA: Free Press. | ISBN-13: 978-0684834436
- Müller, G., Nagle, T.T. (2018). The Strategy and Tactics of Pricing: A guide to growing more profitably USA: Routledge. | ISBN-13: 978-1138737518
- Fassnacht, M., Simon, H. (2016). Preismanagement: Strategie – Analyse – Entscheidung – Umsetzung. Deutschland: Springer Fachmedien Wiesbaden. | ISBN-13: 978-3658118716
- Diller, H. (2007). Preispolitik. Deutschland: Kohlhammer. | ISBN-13: 978-3170194922
- Frohmann, F. (2018). Digitales Pricing: Strategische Preisbildung in der digitalen Wirtschaft mit dem 3-Level-Modell. Deutschland: Springer Fachmedien Wiesbaden. | ISBN-13: 978-3658225735
- Ernst, J. (2013). Pricing: The Third Business Skill – principles of Price Management | ISBN-13: 978-9082069303
- Simon, H. (2015). Confessions of the Pricing Man: How Price Affects Everything. Deutschland: Springer International Publishing. | ISBN-13: 978-3319204000
- Liozu, S. (2015). The Pricing Journey: The Organizational Transformation Toward Pricing Excellence. USA: Stanford University Press. | ISBN-13: 978-0804794411
- Husemann-Kopetzky, M. (2020). Preispsychologie: In vier Schritten zur optimierten Preisgestaltung. Deutschland: Springer Fachmedien Wiesbaden. | ISB-13: 978-3658296667
Plattformen und Communities im Netz – rasanter Meinungsbilder durch unverfälschten Austausch.
Wirft man einen Blick ins Internet gibt es eine große Anzahl an Quellen die zu einem offenen, aber auch aktuellen Meinungsbild beisteuern. In den Staaten als auch in Europa haben sich für das Thema Pricing insbesondere zwei Plattformen etabliert, welche die Pricing- Community aus diversen Branchen vereint.
1. Professional Pricing Society
2. European Pricing Platform
Beide Communities bieten eine Mitgliedschaft an, die nicht nur eine vergünstigte Teilnahme an Kongressen ermöglicht, sondern auch auf Ressourcen, Stellengesuche, Artikel und Präsentationen sowie Video-Material zurückzugreifen.
Eine formlose und vielleicht weniger bindende Variante wäre es, auf eine der Pricing Gruppen auf LinkedIn zurückzugreifen, wenn ich nach Gleichgesinnten suche. Auch hier werden Jobgesuche, aber auch Ideen miteinander getauscht und Diskussion rege vorangetrieben. Neben den gleichnamigen Plattform Gruppen findet ihr dort auch themenspezifische Einheiten oder generalistische Gruppen. Eine neuere und internationale Formierung von Experten und Wissensträgern mit dem Ziel das Thema Pricing voranzutreiben ist die Coalition for the Advancement of Pricing (CAP).
Praktika –Oldie but goldie- learning on the job.
Über Praktika lässt sich nicht nur eine Lernkurve schnell befeuern, sondern auch das Meinungsbild über den potenziellen Job schnell justieren. Praktika insbesondere bei Beratungen aber auch etablierten Preisabteilungen in größeren Unternehmen, bieten die Möglichkeit ein schnelles und realistisches Bild von dem zu entwerfen, was im Pricing täglich in seiner Vielschichtigkeit auf dem Fahrplan steht.
Youtube, Podcast & Co. – schnelle Informationsbeschaffung on demand
Auch neue Medien wie YouTube Videos, Podcasts etc. können einen ersten Überblick schaffen. Auch wenn hier sicher Suchbegriffe differenziert eingegrenzt werden müssen und Autoren immer kritisch hinterfragt werden sollten, ist es ein schneller und unkomplizierter Weg sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Teilweise diskutieren verschiedene Experten aus verschiedenen Branchen zu konkreten Sachverhalten und Herausforderungen oder informieren über neuste Entwicklungsstände auf dem dynamischen Gebiet des Pricings. Ein wichtiger Beitrag liefert hier der Podcast von Impact Pricing oder Pricefx’s Pricing Matters:
https://impactpricing.com/resources/podcasts/
https://open.spotify.com/show/2cVf1XmGo7yYhHmq8q2073
Neben unserem eigenen Anspruch, unser Wissen über diesen und weitere Blogs zu teilen, verfassen auch viele große internationale Beratungsunternehmen ebenfalls Artikel zu spezifischen Pricing Themen und Erkenntnissen aus verschiedenen Branchen.
now it’s your turn.
Die Möglichkeiten der Informationsgewinnung und ersten Meinungsbildung sind heutzutage besser als vor einigen Jahren. Auch wenn die Entscheidung über den Karriereweg jedem einzelnen obliegt, gibt es zumindest heute differenzierte Wege als Erstinteressent Antworten auf berechtigte Fragen selbst zu erlangen und den persönlichen Fit zu erarbeiten um im Best Case, die Koffer für seine persönliche Pricingreise zu packen.
Co-Autor: Björn Damjonat, ist ein erfahrener Pricing Manager aus dem Bereich Handel. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in den Niederlanden arbeitete er als Pricing Manager zunächst bei Metro Cash & Carry, um später bei dem führenden Tiernahrungshändler Europas – Fressnapf – das Pricing aktiv in diversen Projekten mitzugestalten. Aktuell betreut er in leitender Position die Neuaufstellung des Pricings bei einem europaweit tätigen Handelsunternehmen für Bürobedarf.
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